Vier historische Markthallen in Prag
Offene Märkte unter freiem Himmel gibt es in Prag genug. An Supermärkten herrscht kein Mangel, und auch Shopping Malls schießen wie Pilze aus dem Boden. Höchste Zeit also, die altehrwürdigen Markthallen ins Rampenlicht zu holen.
1. Holešovická Tržnice: Der Lebensmittelbasar

Die Pražské tržnice in Prag 7: ein ganzes Areal mit dem Charme von Lagerhallen und Vietnamesenmärkten.
Mein persönlicher Favorit unter den Prager Markthallen ist ein Bestandteil der Holešovická tržnice in Prag 7. Das ganze Areal hat früher einmal als Schlachthof gedient und hatte damals sogar seine eigene Bahnanbindung. Jetzt gibt es hier eine Mischung aus Vietnamesenmarkt, Vergnügungsgastronomie und ein paar Supermärkten und Fachgeschäften.
Ein besonderes Juwel liegt versteckt in einer Halle, und zwar konkret in der Nummer 22. Architektonisch ist sie eher sachlich gehalten, eben ein früheres Industriegebäude. Dafür ist sie sechs Tage pro Woche von einem Leben erfüllt, von dem die meisten Supermärkte der Stadt nur träumen können. Und, soweit ich weiß, kommt sie dabei völlig ohne Werbung aus.
Während die meisten Markthallen in Mitteleuropa heutzutage als moderne Shopping-Center genutzt werden, kann man hier noch eine unglaublich authentische Atmosphäre erleben. Dieser Markt ist sicher noch am ehesten mit den Markthallen vergleichbar, die ich rund ums Mittelmeer oder in Asien kennengelernt habe. Vielleicht um eine Stufe gemäßigter, aber nicht viel.
Es gibt vor allem Lebensmittel zu kaufen, die sich in Vitrinen, Buden, oder einfach auf großen Tischen stapeln. Unter den zahlreichen Kunden befinden sich nicht wenige Senioren, die in Massen per Straßenbahn und Metro anreisen und sich dann mit vollen Einkaufstaschen, aus denen das Gemüse förmlich hervorquillt, an der Haltestelle drängen.
- Baulich nicht so interessant, aber ein breites Angebot, z.B. auch Fisch.
- Natürlich nicht rein vegetarisch. Wir befinden uns in Tschechien.
- Vor allem Gemüse und Obst in Hülle und Fülle.
- Es stapelt sich.
- Es fließt fast schon über.
- Die Preise gelten als besonders günstig, weshalb viele Renter herkommen.
Die Halle 22 ist von Montag bis Samstag von 8 bis 17 Uhr geöffnet. Von der Straßenbahnhaltestelle Pražská tržnice aus – das ist nur eine Station von der Metrostation Vltavská der Linie C entfernt – geht man gleich die erste Gasse entlang und findet sie dann auf der linken Seite.
2. Vinhoradská Tržnice: Die kühle Schöne
Der Stadtteil Vinohrady (Königliche Weinberge) oberhalb des Hauptbahnhofs ist einer der ersten, die in den 90ern von Expats entdeckt und besiedelt wurden. Auf der Suche nach einem zweiten Paris in einer Neuauflage des Fin de Siècle hatten sie hier einen sehr zentrumsnahen Stadtteil entdeckt, in dem jede Straße ein bauliches Kunstwerk darstellt. Heute findet sich hier ein Gemisch aus alten Kneipen und überteuerten Wohnungen.
Ein wenig hervorstechend, da isoliert und an einer der Hauptachsen stehend und zudem rot gestrichen, ist die Vinhoradská tržnice. An dieser Stelle stand einmal ein Fabrikgebäude, das von dem Architekten Antonín Turek im Jahr 1902 in eine Markthalle verwandelt wurde. In den 80ern entkam sie nur knapp dem Abriss und wurde ein paar Jahre später nach einem Brand geschlossen. Erst im Jahr 1994 wurde sie unter dem Namen „Pavilon“ neu hergerichtet.
- Die eine Seite
- Die andere Seite
- Blick in die Halle
- Treppenhaus
Auf den höheren Ebenen im Gebäude lässt sich sehr gut die Gesamtkonstruktion betrachten. Die Edelboutiquen, Einrichtungshäuser und Espresso-Bar sind wohl für erlesenere Gäste vorgesehen und wirken auf mich etwas kühl und steril. Der Betreiber mag seine Zielgruppe unter den „Neuvinohradern“ suchen.
Erreichbar ist die Markthalle von der Metro-Station Náměstí míru (die Rolltreppe hinauf, dann nach rechts, und dann am Ende des Platzes noch einmal nach rechts) oder einfacher direkt an der Straßenbahnhaltestelle Vinhoradská Tržnice.
3. Staroměstská tržnice: Der verborgene Schatz
Die „Altstädter Markthalle“ ist von allen hier genannten am schwersten als solche zu erkennen, da das Gebäude völlig eingebettet zwischen Häusern liegt. Und selbst von innen ist ihr nur an bestimmten Stellen ihre Vergangenheit anzusehen. Zugänglich ist sie von den Straßen Rytířská und 28. října – das ist die Straße vom unteren Wenzelsplatz zum Jungmanovo náměstí, die Fortsetzung des „Grabens“. Leichter zu finden ist sie von der Rytířská aus, und von dort ist sie auch eindrucksvoller.
- Von der Rytířská aus gesehen.
- Der Durchgang bei der Rytířská.
- Im Innern: Könnte überall und nirgends sein.
- Eingang von der Straße 28. října.
Hinter dem Portal befindet sich ein schöner Durchgang mit Wandgemälden unter den Wölbungen. Nach einer weiteren Tür läuft man in eine etwas ernüchternde Mischung aus Supermarkt und China-Restaurant, die atmosphärisch oder architektonisch nicht viel zu bieten hat. Sie wirkt wie eine der vielen etwas vernachlässigten Passagen, von denen es im Prager Zentrum eine Menge gibt.
Die Altstädter Martkhalle wurde von Antonín Novotný gebaut und im Jahr 1897 fertiggestellt. Als Besonderheit gilt, dass die Säulen innen hohl sind und der Belüftung des Kellergeschosses dienten. Sie liegt übrigens nicht weit von dem Ort entfernt, wo sich einst die Markthalle der Gallusstadt befunden hatte.
4. Smíchovská tržnice: Der Bücherhimmel
Die Smíchovská tržnice am Platz Náměstí 14. října (erreichbar von den Haltestellen Anděl oder Zborovká) wurde in den Jahren 1906 bis 1909 erbaut. Heute befinden sich darin ein Supermarkt und eine Zweigstelle der Stadtbücherei.
Von dem ursprünglichen Gebäude ist im Innern noch ein wenig in der schön gestalteten Bücherei zu sehen. Man gelangt in das obere Stockwerk durch einen Eingang links von dem Supermarkt. Sehenswert ist zudem die südlich gelegene Frontfassade.
Was es sonst noch gibt
Neben den historischen Markthallen hat Prag natürlich auch noch andere Märkte zu bieten. Unbedingt erwähnt werden muss das legendäre Sapa, das Little Vietnam von Prag. In Anspielung darauf ist dieses Video entstanden. Es ist etwas schwer zu erreichen, dafür aber eben das unübertroffene Original.
Es gibt eine ganze Reihe von Bauernmärkten (Farmářské trhy), an jedem zweiten Samstag im Monat einen Flohmarkt am Fluss (nahe des Palackého náměstí), und natürlich die Weihnachtsmärkte.
Dieses Thema findet auch Erwähnung in meinem Buch „111 Gründe, Tschechien zu lieben“.
Erhältlich ist es im Buchhandel.