Verhaltenstipps für Tschechien
Es kommt nicht selten vor, dass man in Tschechien Touristen beobachtet, die sich unsicher oder falsch verhalten, weil ihnen offenbar die nötigen Erfahrungen fehlen oder weil sie von den ungewohnten Eindrücken überwältigt werden und sich daher – völlig desorientiert – wie Elefanten im Porzellanladen benehmen.
Ich habe daher ein paar Tipps zusammengestellt. Sie entsprechen meinem persönlichen Empfinden und gelten natürlich je nach Umgebung oder Situation nur mit Einschränkung.
Höflichkeitsformeln
Was macht man, wenn man die örtliche Sprache nicht versteht? Nach meiner Ansicht ist es immer noch besser, in der eigenen Sprache (oder auf Englisch) etwas Höfliches zu sagen, als völlig zu schweigen. Kaum etwas wirkt auch mich so peinlich, wie wenn einem Touristen ein Sitz angeboten oder eine Tür offen gehalten wird und er bleibt stumm. Falls einem nun absolut kein tschechisches, deutsches oder englisches Wort einfällt, dann tut es zur Not auch ein Lächeln und ein deutliches Nicken.
Dabei ist es gar nicht so wichtig, das Tschechische perfekt zu beherrschen. Allein schon der Versuch, „guten Tag“ und „danke“ in der Landessprache zu sagen, wird zumeist honoriert und öffnet einem viele Türen.
Die wichtigsten Ausdrücke im Überblick
Schreibweise | Aussprache | Bedeutung |
Dobrý den | dobbrie dänn | Guten Tag |
Děkuji | djäkuji | Danke |
Prosím | prossiem | Bitte (als Aufforderung und als Erwiderung auf einen Dank) |
Na shledanou | nas-hläddannou (Das „sh“ ist kein „sch“, sondern ein „s“ mit einem hörbaren „h“. Das „ou“ wird in einem Laut gesprochen, wie das norddeutsche „jou!“) | Auf Wiedersehen |
Pardon | pardon (ganz unfranzösisch mit gerolltem „r“ und ohne Nasallaut) | Entschuldigung (etwa, wenn man jemanden gestoßen hat) |
Die Betonung liegt immer auf der ersten Silbe. Vokale sind – anders als im Deutschen – standardmäßig kurz.1
Natürlich gibt es noch weitaus mehr Optionen, wie etwa „ahoj“ oder „čau“ (welches wie im Italienischen auch als Begrüßung Verwendung findet), „nazdar“, „zdravím“, „nashle“, „děkuju“, „díky“ usw. Zumindest sollte man irgendetwas sagen, auch wenn es nicht perfekt passt. Dass man kein Muttersprachler ist, bleibt ohnehin nicht verborgen.
Indirekt gesagt
In Tschechien drückt man sich im höflichen Gespräch oft nicht so direkt aus wie in Deutschland. Allgemein lässt sich vielleicht sagen, dass man einen eigenen Wunsch so darstellt, als ob das Verlangte eigentlich zum Nutzen des Gesprächspartners wäre.
Was man meint: | Was man sagt: |
Ich möchte gerne gehen. | Ich möchte Sie nicht länger stören. |
Darüber möchte ich lieber nicht sprechen. | Damit will ich Sie nicht langweilen. |
In öffentlichen Verkehrsmitteln
Es gibt zwar bestimmte Sitzplätze, die gebrechlichen Fahrgästen freigemacht werden müssen, allerdings wird davon nur selten Gebrauch gemacht. Statt dessen wird bei Bedarf jeder beliebige Sitzplatz angeboten, und zwar vor allem älteren Leuten und schwangeren Frauen. Die Beurteilung der Lage ist manchmal schwierig2, und häufig wird auch ein Angebot abgelehnt, etwa weil eine alte Dame nur eine Station weit fährt und sie daher vorzieht, bei der Tür stehen zu bleiben.
An Treppen und Einstiegen trifft man hin und wieder Frauen mit Kinderwagen, die einen um Hilfe fragen, oder denen man seine Hilfe anbietet.
Gerade in vollen Metros und Trams wird es zudem gern gesehen, wenn die Fahrgäste im Türbereich zunächst aussteigen und draußen neben den Türen warten, um anderen das Verlassen des Fahrzeugs zu ermöglichen, und erst dann wieder einsteigen.
Und ein spezieller Tipp an die Adresse von Reisegruppen: Beim Einsteigen sich bitte ruhig auf mehrere Türen verteilen.
Zu Gast in einer Privatwohnung
In tschechischen Wohnungen werden immer die Straßenschuhe ausgezogen. Entweder bleiben sie im Vorraum oder sogar im Treppenhaus. Manchmal werden einem Hausschuhe angeboten, die sich aber zumeist abwimmeln lassen.
Als Gast verhält man sich tendenziell eher zurückhaltend. Man bedient sich etwa nicht selbst in der Küche, und wird auch gar nicht erst dazu aufgefordert. Lieber einmal mehr fragen, wenn man etwas braucht.
Im Gasthaus
Mit Bier stößt man nicht viel anders an, als man es bei uns gewohnt ist. Wichtig ist, dass man sich beim Anstoßen der Gläser ins Gesicht blickt. Viele Tschechen „erden“ nach dem letzten Prost3 das Glas auf dem Bierfilz (Untersetzer) durch kurzes Aufsetzen – eben so wie auch oft bei uns.
Bezahlt wird persönlich bei der Bedienung (also nicht einfach das Geld liegen lassen und weggehen). Es ist durchaus möglich, eine Rechnung getrennt zu bezahlen. Teilweise wird man dazu aber zum Tresen gebeten, wo man dann der Bedienung aufzählt, was man konsumiert hat.
In Tschechien herrscht trotz der Brauereitradition durchaus keine „Alkoholpflicht“. Alkoholfreies Bier, Wasser oder eine Kofola sind sehr verbreitet und durchaus kein Affront.
Für das Trinkgeld gelten in etwa ähnliche Regeln wie bei uns: Seine Höhe kann man nach der Qualität des Services bestimmen. Bei Selbstbedienung am Tresen muss kein Trinkgeld gegeben werden. Einzelne Kronen lässt man sich gewöhnlich nicht auszahlen, außer dass man wirklich deutlich man will, wie schlecht es einem gefallen hat. Manchmal findet sich auf der Rechnung der Vermerk, dass die Bedienung nicht im Preis inbegriffen ist.
Tische gelten zumeist als belegt, wenn dort bereits jemand sitzt. Es ist aber durchaus möglich, zu fragen, ob man sich dazu setzen kann, insofern eine gewisse räumliche Distanz gewahrt bleibt und wenn sonst kein Tisch mehr frei ist. Ich habe es nur sehr selten erlebt, dass man am selben Tisch sitzend sogleich auch miteinander ins Gespräch kommt. Aber das variiert natürlich je nach Region. In Richtung Osten und auf dem Land ist man da kontaktfreudiger.
Begrüßung
Begrüßungen werden so gehandhabt, wie im südlichen deutschsprachigen Raum, also häufig mit Händeschütteln. Unter jüngeren Tschechen kann man dabei verschiedene neuartige Formen beobachten: so etwa die „Ghettofaust“ oder ein zweiter, aufwärts gerichteter Händedruck, was zuweilen zu lustigen Verwirrungen führt, wenn hier verschiedene Konventionen aufeinander prallen.
Duzen und Siezen
Wie im Deutschen gibt es ein Du und ein Sie4. Das Du wird zumeist „formal vereinbart“, indem man sich die Vornamen nennt und dann die Hand schüttelt. Es ist sehr gängig zwischen Kollegen (auf gleicher Ebene), in Vereinen usw., und durchaus auch zwischen verschiedenen Generationen, so etwa mit den Eltern guter Freunde.
Es passiert jedoch seltener als in Deutschland, dass man als Unbekannter gleich geduzt wird. Ausnahmen bilden etwa Sportvereine, Internetforen und typische Orte, wo junge Leute verkehren.
Im Land der Ingenieure
Im formalen Umgang spielen akademische Titel und Professionen eine wichtigere Rolle als in Deutschland – das dürfte den Österreichern geläufiger sein. Man spricht sich da durchaus mit „Herr Ingenieur“ und „Frau Doktor“ an und verwendet seinen Titel auch außerhalb des akademischen Kontextes, etwa auf Anwesenheitslisten und in öffentlichen Diskussionen. Allerdings wird diese Gepflogenheit unter jüngeren Tschechen schon sehr viel lockerer gehandhabt.
Schlange stehen

Photo by absolutmachal
Hier ist die Lage unübersichtlich und uneinheitlich. Wenn man Nummern ziehen kann, dann ist die Sache eigentlich schon geregelt. Andernfalls ist es oft unklar, ob es eine gemeinsame Schlange für alle Schalter gibt oder für jeden Schalter eine eigene – und das ändert sich oft spontan. Hier ist dann ggf. eine schnelle Reaktion und beherztes Auftreten nötig. Ich glaube aber, dass sich der Umgangston in den letzten Jahren sehr gebessert hat und bewusste Vordrängler eine Seltenheit darstellen.
Habe ich etwas Wichtiges vergessen?
Danke Christoph! Ich finde den Artikel sehr hilfreich und musste ein paar Mal schmunzeln beim Lesen.