Schnitzeljagd durch Prags Nordosten
Vorfrühlingshaftes Sommerwetter gewährte die besten Bedingungen, um endlich einmal einen Lehrpfad auszuprobieren, den ich schon lange im Visier hatte. Er führt durch drei Prager Stadtteile, nämlich Vysočany, Prosek und Střížkov. Ich habe noch Libeň mit daran gehängt, so dass ich direkt von der Moldau aus nur dem Lauf der Rokytka zu folgen brauchte. Somit deckte der Weg ein Segment im Nordosten Prags ab, zwischen Zentrum und Peripherie.
Der Lehrpfad befasst sich thematisch mit dem historischen Hintergrund, zumeist ländlichen Strukturen, zuweilen ehemaligen Industriebauten. Die Informationstafeln setzen dabei keine bestimmte Abfolge oder Gehrichtung voraus. Man kann den Weg also beginnen, wo man will. Die Texte sind auf Tschechisch, man kann sich aber bei Bedarf mit dem unten erwähnten Trick behelfen, um zumindest den groben Sinn zu erfassen.
Ich schicke den Details eine zusammenfassende Bewertung voraus:
Zum Vergleich: Die Karte von den Info-Tafeln und mein tatsächlicher Weg, mit meinen Vorschlägen, wie sich der Weg abkürzen lässt, ohne allzu viel zu verpassen.
- Der Originalplan – die Lage der Punkte ist nicht immer genau. Warum wurde der Bach weggelassen?
- Grün bezeichnet sind mögliche Abkürzungen. Die Schleife im Westen ist Zeitverschwendung.
Teil 1: Durch Libeň an den Beginn des Lehrpfads
Der Stadtteil Libeň ist nicht eigentlich ein Teil der Route. Allerdings ist Libeň eben doch der Stadtteil Bohumil Hrabals, also immer einen Besuch wert. Ich beginne den Weg bereits an der Brücke „Libeňský most“, wo es eine gleichnamige Haltestelle gibt. Von hier gelange ich auf den Fuß- und Radweg hinab, der am Golfplatz vorbei führt und die Brücke unterquert. Alternativ kann man natürlich auch gleich auf diesem Weg aus Karlín kommen.
An der Schleuse für den Hochwasserschutz treffe ich auf den Bach Rokytka, der hier in die Moldau mündet. Der Wasserlauf ist begradigt und wirkt zumeist wie mit dem Lineal gezogen. An seinem Ufer entlang gehe ich nun flussaufwärts und passiere das Schloss von Libeň. Dieser Weg ist relativ einfach zu finden. Die einzige Hürde ist hinter den Häusern die Unterführung unter der verkehrsreichen Čuprova, wo auch eine Bahnstrecke kreuzt. Dieses Stück ist eher hässlich, man muss da einfach durch. Danach passiere ich die Brauerei Nad Kolčavkou – für einen Besuch ist es noch zu früh. Ich habe noch viel vor.
- Fuß- und Radweg von Karlín über Libeň bis nach Troja
- Hier nun treffe ich auf die Rokytka
- An ihrem Ufer geht es stromaufwärts
- Reste des Winters machen oft den Weg schwer passierbar.
- Eisenbahnbrücke
- Eisenbahnbrücke
- Hier die Rokytka überqueren und weiter an ihr entlang.
- Die Brauerei Kolčavka hinter der Unterführung
- Weiter die Rokytka entlang
Teil 2: Vysočany
Vysočany präsentiert sich als ein modernes Wohngebiet, in dem nicht mehr viele historische Gebäude stehen. Zusammen mit Libeň bildet es den „unteren“ Teil des Rundgangs.
Hier beginnt der eigentliche Lehrpfad. Der Weg unter den Bäumen den Bach entlang ist sehr schön und ich muss mich nicht um den Autoverkehr kümmern. Irgendwann treffe ich auf die Sokolovská-Straße, die leicht daran zu erkennen ist, dass hier eine Straßenbahnlinie entlang führt. Wer will, kann natürlich auch weiter dem Bach folgen.
Links ein Stück die Straße hinauf befindet sich die Metrostation Vysočanská. Das ist der „offizielle Beginn“ der Route. Wer per Metro anreist, muss allerdings den Ausgang zur Sokolovská wählen.
Von hier über die Straße kommt man zum Bahnhof Vysočany, den ich mir ansehe. Die Atmosphäre ist völlig anders als im Hauptbahnhof. Wenn ich einen historischen Film über Bahnreisen drehen müsste, dann würde ich diesen Bahnhof als Schauplatz wählen.
Die Durchquerung des gemauerten „Stollen“ zur anderen Seite ist ein eigenes Erlebnis. Dann kommt wie so oft ein Punkt, wo ich zunächst nicht weiter weiß. Wie sich dank des Stadtplans herausstellt, muss ich unter der Straßenbrücke hindurch und dann gleich links und den Anhang hinauf.
- Vysočany
- An der Rokytka entlang
- Gegenüber ist der Park Podviní
- Hier steht die ‚Info-Tafel Nummer Eins‘
- Diese Straße gegenüber der Metro entlang geht es weiter …
- … bis man auf den Bahnhof Vysočany trifft.
- Ein Blick hinauf
- ‚Fahrkartenausgabe‘, „Oesterreichische Nordwestbahn‘
- Bahnhofsidyll
- Durchgang unter dem Bahnhof
- Der Tunnel wird immer dunkler. Wird er in einem Bergwerk enden?
- Hinter dem Bahnhof. WO geht es weiter? Hinter dem Brückenpfeiler links!
- Viele Tafeln sind leider völlig verunstaltet. Anti-Kalligraphie.
Teil 3: Prosek
Prosek liegt oberhalb von Vysočany. Mit dem Auto oder Bus fährt man über eine Art Serpentine hinauf. Da erschien es mir immer wie eine beträchtliche Anhöhe. Zu Fuß ist der Weg allerdings dann doch kein Problem, man sieht hier sogar Jogger. Prosek kannte ich lange Zeit nur als Plattenbausiedlung, bis ich einmal „Alt Prosek“ besucht hatte. Wie auch in vielen anderen Stadtteilen Prags gibt es hier noch Straßenzüge, die sich den früheren, oft dörflichen Charakter erhalten haben. Alt Prosek glänzt hier vor allem durch die Kirche des Heiligen Wenzel, einer romanischen, dreischiffigen Kirche aus dem 11. oder 12. Jahrhundert. Hier in Alt-Prosek verliert sich der genaue Verlauf des Lehrpfads, allerdings ist die Kirche auch so gut zu finden.
Die Route führt mich nun zunächst zur Metro-Station Prosek und durch den Park der Freundschaft. Vielleicht geht es darum, dass man hier aus der Metro kommend den Rundweg beginnen kann. Allerdings ist mir dann unverständlich, warum die Infotafel mit dem Rücken zum Metro-Ausgang aufgestellt wurde.
In einem weiten Bogen geht es nun durch den „Park der Freundschaft“ (derjenigen zwischen „Bruderstaaten“, lässt sich vermuten) zur Metro-Station Střížkov. Die Proseker Platte sieht nicht anders aus als irgendwo sonst in Europa. Die Statue von Jiří Wolker habe ich auch nicht als atemberaubend empfunden. Ich denke, dass hinter der Kirche durchaus improvisiert werden kann, was den Wegverlauf anbelangt.
- Noch einmal unterquert man die Straße, die sich hinauf windet, und steigt weiter hinauf.
- Alt Prosek
- Die Kirche des Hl. Wenzel in Prosek
- Die Kirche des Hl. Wenzel in Prosek
- Die Kirche des Hl. Wenzel in Prosek
- Weiter zur Metro-Station Prosek
- Metro-Station Prosek: Nach längerem Suchen habe ich die Infotafel gefunden (zwischen den Mülleimern). Gut getarnt!
- durch den Park der Freundschaft
- Irgendwo in Prosek
- Jiří Wolker-Denkmal
- Tod einer 14-jährigen, die zur falschen Zeit an der Straße stand. Ein Passant lieferte eine bittere Anschuldigung gegen die Unfallverursacherin, als er mich dort fotografieren sah.
Teil 4: Střížkov
Wer moderne Architektur mag, der wird wohl in der Metro-Station auf seine Kosten kommen, die mich an Flughafengebäude erinnert und die man auf Brücken durchqueren kann. Der Kontrast zum altmodischen Bahnhof Vysočany könnte nicht stärker sein. Von hier biege ich in die Teplická ein, vor dem Hotel Duo.
Eine tolle Entdeckung ist ein Stück weiter das Park Café. Das Gebäude ist ein simpler zweigeschossiger Block.
Weiter die Teplická und dann die Litoměřická hinunter gelange ich zur Bushaltestelle Madlina, wo sich die nächste Infotafel versteckt hat.
Nun werde ich die Straße hinunter und ins Gestrüpp geführt. Hier soll sich eine Aussichtsplattform befinden, die weder ich noch andere Suchende gefunden haben. Der Weg ist übersät mit Hundedreck, die Büsche voller Müll, und plötzlich stehe ich vor einem Tor. Schluss. Diesen Umweg würde ich auf jeden Fall vermeiden.
Der nächste lohnende Punkt ist ein Park, wo sich ein Aussichtspunkt befindet, der nach der Sängerin Ema Destinnová benannt worden ist. Leider versperrt eine Straße den Weg direkt zum Abhang, aber man sieht auch so die Prager „Skyline“.
Ich folge dann der Straße Nad Kundratkou in ein Naturschutzgebiet, dem man diesen Titel zunächst nicht ansieht. Unten befinden sich Sandsteinfelsen, die von Höhlen und einem Labyrinth durchzogen sind, deren Gesamtlänge auf 5-7 km geschätzt wird. Jenseits der Straße habe ich zunächst den Weg verfehlt – dort muss man nämlich direkt hinter der Bobbahn links den Hang hinunter und dann – in links in einer Schleife – die Bahnstrecke unterqueren.
- zwischen Prosek und Střížkov
- Ein Raumschiff? Ein Flughafen?
- Die Metro-Station Střížkov
- Von der Metro-Station über die Straße: Hier geht es weiter.
- Als man sich noch für Farbverläufe begeistern konnte.
- Ein Gebäudewürfel im Park.
- Hier verstreicht die Zeit langsamer.
- Wer findet die Infotafel?
- Häuserzeilen in Střížkov
- Der ärgerlichste aller Umwege führte durch alle Arten von Dreck und endete vor diesem Tor.
- Auch andere Pfade führten nur an wilden Müllkippen vorbei und nicht zum Ziel.
- Aussichtspunkt zu Ehren von Ema Destinová. Und wer sieht die nächste Infotafel zuerst?
- Die Sopranistin Destinová lässt grüßen.
- Blick auf die Stadt. Zwischen mir und der Aussicht liegt nur noch eine Straße.
- Mit der Aussicht auf die Aussicht.
- Wer hier am Berghang wohnt, weiß den Balkon zu schätzen.
- Und wo kein Balkon mehr hinpasst, ist zumindest die Wand aus Glas.
- Weiter die Straße ‚Nad Kundratkou‘ entlang
- Sandsteinfelsen, hinter denen sich Labyrinthe erstrecken
- Flugloch für Fledermäuse. Und Feuerstelle für Urmenschen.
- Ohne Hobbit kommt man hier nicht hinein.
- Nicht zu verfehlen: Schräg gegenüber steht schon die nächste Tafel.
- Der Weg führt nun kurioserweise über den Parkplatz der Bobbahn, und dann an deren Seite hinab.
Teil 5: Zurück in Vysočany
Hinter der Bahnlinie gelange ich in den Park Podviní, den ich bereits jenseits der Rokytka gesehen habe. Hierher muss ich noch einmal im Frühling kommen.
- Von oben herabkommend …
- … biegt man nach links ab …
- … und geht unter der Bahnlinie hindurch.
- Der Park ‚Podviní‘ in Vysočany
- Aussichtsplattform im Park
- Laut Karte eine ‚Keltische Burganlage‘
Nachbemerkung: Wie übersetzt man den tschechischen Text auf den Tafeln?
Mir ist klar, dass viele Leserinnen und Leser und die meisten Tschechien-Reisenden kein Tschechisch verstehen. Natürlich ersetzt Technologie keine Übersetzer aus Fleisch und Blut, kann aber doch zumindest helfen, so ungefähr zu verstehen, worum es geht. Es genügt in dem Fall ein Smartphone und die App „Google Translate“ (Android, iOS). Mit der eingebauten Kamera-Funktion lässt sich dann ein Foto von dem Text machen und ihn so halbwegs übersetzen.
Wer in Tschechien kein mobiles Internet hat, sollte die nötigen Sprachen schon vorher für die Offline-Nutzung herunterladen.1
- Die Textblöcke werden automatisch erkannt …
- … und dann mit den Fingern ausgewählt.
Wie schon oben geschrieben, sind die Tafeln allerdings zum Teil mit Graffiti verunstaltet, was vor allem den Text unleserlich macht. Da helfen dann auch keine Tschechischkenntnisse.