Ein Osterspaziergang entlang der Rokytka

Viadukt zu HrdlořezyEs ist typisch für Prag, dass neue Entdeckungen oft wie Perlen einer Kette aufeinander folgen: Während einer Erkundung entdecke ich einen unbekannten Weg oder eine Schautafel, und das gibt den Anlass zur nächsten Tour.

Hier bin ich nun auf den südöstlichen Lehrpfad von Vysočany gestoßen, der wie der zuvor vorgestellte Weg auch an der Metro Station Vysočanská begonnen werden kann. Anders als der damalige Weg führt der heutige jedoch nicht im Kreis.

Die Infotafeln sind, wie auch zuvor, nur auf Tschechisch. Sie beschreiben zum Teil denkmalgeschützte Gebäude, landschaftliche Besonderheiten und historische Ereignisse. Eine eigene Tafel wird dem örtlichen Rugby-Verein gewidmet, und später findet sich sogar eine detaillierte Beschreibung der „Schlacht bei Štěrboholy“ während des Siebenjährigen Krieges, die sogar beide Seiten der Tafel in Anspruch nimmt. Hier sind ganz deutlich die persönlichen Präferenzen des Autoren eingegangen, die mir oft nicht ganz einleuchten. An einigen Stellen ist darüber hinaus nicht klar, wo genau sich das beschriebene Objekt überhaupt befindet.

Verlauf der TrasseSchließlich habe ich den Lehrpfad einfach nur als Empfehlung genommen, um einen neuen Weg zu entdecken. Eigentlich gibt es keinen Grund, gerade an der Vysočanská zu beginnen. Man kann einfach an einer beliebigen Stelle an der Rokytka anfangen und dann dem Lauf des Wassers folgen. Den unteren Verlauf von der Mündung in die Moldau habe ich bereits beschrieben.

Der Weg ist vielerorts malerisch und insgesamt sehr lohnend. Es findet sich die richtige Mischung aus urbanen Naturgebieten, städtebaulichen Besonderheiten und modernen Wohnvierteln. Er stellt keine besonderen Anforderungen an das Schuhwerk und er kann an mehreren Stellen begonnen oder beendet werden, da es überall Bus- und Straßenbahnhaltestellen gibt.

Die Steigung ist auf der gesamten Strecke unerheblich, mit Ausnahme des letzten Stücks zum botanischen Garten. Entlang des Baches waren auch sehr viele Radfahrer zu finden.

Vysočany: Städtische und industrielle Gebiete

Praktisch die gesamte erste Hälfte des Weges verlief durch Vysočany. Die Bäume waren zwar jetzt Ende März noch nicht grün, aber dafür standen einige in Blüten. Das Wetter hätte nicht besser sein können.

Den Bach entlang durch Hloubětín

Den Stadtteil Hloubětín habe ich eigentlich nur gestreift. Hier verläuft die östliche Schleife der Rokytka.

Hrdlořezy: Ein altes Dorf vor Prag

Hrdlořezy

„Hier stand ab dem 17. Jahrhundert ein Haus, in dem sich nie etwas Denkwürdiges ereignet hat.
Möge die tschechische Geschichte diesen Ort auch weiterhin vermeiden.“

Der Name „Hrdlořezy“ klingt etwas beunruhigend. Die Übersetzung lautet in etwa „Kehlschnitte“, der korrekte deutsche Name war jedoch „Kehlen“.

In Hrdlořezy zweigt der Weg von dem Bach ab, um mich in das frühere Dorfzentrum zu führen. Von der ehemaligen Dorfatmosphäre ist nur wenig zu spüren.

Auf einem eher unattraktiven Stück führt die Route dann zu dem botanischen Garten der „Fachmittelschule für Bauwesen und Gartenbau“, von dessen Existenz ich bislang keine Ahnung hatte. Laut Aushang ist er nur Werktags von 7-18 Uhr geöffnet. Die an den Hang gebauten Kaskaden aus Gewächshäusern wirken ungewöhnlich.

Endspurt hinauf nach Malešice

Malešice befindet sich bereits in Prag 10, was der Grund dafür sein dürfte, dass es nicht mehr Teil des Lehrpfades ist. Es gibt aber keinen Grund, von dem botanischen Garten aus wieder hinab zu gehen, da Malešice nicht weit ist.

In Malešice gibt es auch feiertags gute Busverbindungen, etwa von der Haltestelle Sídliště Malešice aus.

Empfehlung

Bistro Francin in MalešiceIn Malešice empfehle ich für einen Kaffee oder eine leichte Speise das Bistro Francin, das auch verkehrstechnisch sehr günstig an der Bushaltestelle liegt, von der aus man wieder in andere Stadtteile kommt.

Wer eine deftigere Mahlzeit oder ein Bier braucht, der wird das Restaurant Malešická Tvrz mit Biergarten (freundliche Bedienung und böhmische Kost, eher jüngeres Publikum) sowie die Mikrobrauerei Malěsický Mikropivovar, ebenfalls mit Freisitzen (habe ich nur von außen betrachtet, den Besuch hole ich später nach) zu schätzen wissen.

Tipp

Die Karte von Mapy.cz lässt sich auf „Turistická“ umschalten und zeigt dann auch den Verlauf von Wander- und Radwanderwegen. Die hier vorgestellte Route trägt die Bezeichnung „NS MČ Praha 9 – JV stezka“. Das funktioniert ebenso auf dem Handy, wo es die Karte mit Offline-Modus gibt.

Christoph Amthor

Erster länger Aufenthalt in Tschechien im Jahr 1997. Seit 2003 wohnhaft zumeist in Prag, mit Abstecher in die Slowakei. Ehemals Journalist und Mitbegründer einer gemeinnützigen Organisation, heute Blogger und Software-Entwickler.

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Von einer atemberaubenden Landschaft, über Bier und Knödel bis hin zu Kafka, dem Golem und einem Geist, der eine wissenschaftliche Karriere gemacht hat. Vom Fliegenden Ferdinand  und Pan Tau bis zur Lässigkeit, mit der dort ein Fabrikschornstein gefällt wird.

 

Über dieses Land, das einfach liebenswert, aber oft auch geheimnisvoll und extrem verrückt ist, gibt es wirklich genug zu erzählen. Und natürlich kann man darüber nur mit einer guten Portion böhmischen Humors schreiben.