Museumsnacht in Dresden
Dresden? Gehört das überhaupt hierher?
So ein bisschen. Jedenfalls nicht weniger als Bratislava oder Poprad.
Dresden ist ein beliebtes Ausflugsziel für viele Tschechen, die mal kurz nach Deutschland wollen, zum Beispiel um günstig einzukaufen. Ja, während Verkehrsmittel, Restaurants und viele Dienstleistungen in Tschechien billiger sind, bekommt man Lebensmittel, Elektronik und Kleidung zumeist günstiger jenseits in Deutschland.
Dresden hat für mich immer ein sehr gemischtes Image: Zum einen als Sammelbecken einer unheilvollen politischen und gesellschaftlichen Entwicklung, von Wutbürgern, Nationalisten und Rassisten, als Ort, wo manche Leute es schaffen, in einem Laden einen kompletten Kaufvorgang abzuwickeln, ohne die Worte „bitte“ und „danke“ in den Mund zu nehmen. Zum anderen aber auch als Ort, wo ich immer wieder überwältigende Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft erleben durfte, eine familiäre Atmosphäre und einen Sinn für das Schöne.
Was machen hier eigentlich diese Eisenbahnfotos?
Zum einen erklären sie sich aus meiner alten Begeisterung gerade für die „alte“ Bahn, an der die Technik noch sichtbar war und die noch nicht vom selben Designer gestaltet wurde wie Staubsauger und Eierkocher. Und daneben stammen sie aus der Museumsnacht in Dresden.
Auch Prag hat eine Museumsnacht. Anders als in Dresden jedoch ist in Prag der Eintritt frei.
Nachdem ich schon oft Veranstaltungen organisiert habe, bin ich allmählich zum Pessimisten geworden: Wenn etwas nichts kostet, dann glauben viele Leute, es sei nichts wert. Das ist ein globales Phänomen.
Die Schlange für das Technische Museum in Prag reicht gewöhnlich um das Gebäude herum und erinnert mich an das Anstehen für die Sixtinische Kapelle in Rom. Oder, noch extremer, an die Schlange vor der früheren Ausländerpolizei am Olšanské náměstí, wo man bereits Stunden vor Öffnung der Türen warten musste, um dann überhaupt eine der niedrigen Nummern ziehen zu können, mit der man überhaupt eine Chance hatte, noch bis Büroschluss an die Reihe zu kommen.
Eisenbahnmuseum, Hygienemuseum, Botanischer Garten, Stadtmuseum, Schloss Pillnitz, Japanisches Palais. Es gibt Vorträge und Führungen. In der Ausstellung über die Erfindung der Rassen beginnt der wissenschaftliche Mitarbeiter seine Erklärungen damit, dass heute sein letzter Arbeitstag sei. Die Umstehenden lachen.
Das Militärhistorische Museum überrascht wieder einmal mit einer gewagten Thematik, die ich nicht beim Militär vermutet hätte. Eine Hommage an Freddy Mercury? Gesehen habe ich die Ausstellung allerdings nicht. Die Zeit reicht einfach nicht für alles, und sei es noch so kurios.
Bei der Museumsnacht geht es nicht nur um Ausstellungen, um die pfeifenden Frösche im Gewächshaus und den DDR-Superrechner, wo die Größe mehr über den Stromverbrauch als die Rechenleistung aussagt. Es gibt Livemusik und Essen, oft mit thematischer Anbindung an den Ort, und bei einbrechender Dunkelheit erscheint alles zunehmend unwirklich, wie etwa der Anblick der böhmischen Kleinfamilie, die dort im Hof des Japanischen Palais vor dem arabischen Essenszelt kauert und an ihren Mango-Lassis nippt.
Irgendwann, nach vielen Busfahrten und Besuchen und nach zahlreichen Neuentdeckungen, geht die Kraft zu Ende. Die Straßenbahnen fahren spät abends so, dass man immer gerade nach der Abfahrt seiner Linie an der Haltestelle eintrifft.
Nicht weit entfernt spielt noch eine Band und verkürzt das Warten.