Macocha und Punkva-Höhle

Es ist fast genau 20 Jahre her, dass ich das letzte Mal die Macocha besucht habe. Diese imposante Schlucht mit 187 Metern Tiefe bildet den sichtbaren Teil eines weitläufigen Höhlensystems. Entstanden ist sie nämlich durch den Einsturz eines riesigen Höhlendoms.

Punkva-Höhle
Die „Puddingmaschine“ unten in der Punkva-Höhle.

Die Macocha (deutsch auch „Mazocha“, wie man es ausspricht) kann oben von zwei Plattformen aus besichtigt werden. Unten gelangt man auf einer Tour durch die Punkva-Höhle an einem der Seen vorbei, der eigentlich einen Siphon zu einem fast 35 km langen Höhlensystem darstellt.

Die Höhlentour von etwa einer Stunde ist sehr reizvoll, weil sie einen „trockenen“ Teil hat, den man zu Fuß zurücklegt, während man das letzte Stück auf dem unterirdischen Punkva-Bach im Boot gefahren wird.

Die nächstgelegene Stadt mit Bahnanschluss ist Blansko. Hier halten keine Eurocitys, aber zumindest moderne tschechische Schnellzüge. Die umliegenden Berge des Mährischen Karst wirken wie ein Schweizer Käse. Überall, wo zwischen den Bäumen Felsen emporragen, sieht man Löcher.

Blansko

Mit Blick auf die Öffnungszeiten und die An- und Abfahrt habe ich mich entschlossen, am vorherigen Nachmittag anzureisen und über Nacht zu bleiben. Von Prag aus dauert die Fahrt etwas weniger als drei Stunden. Ich verbringe also nicht gleich den ganzen Tag im Zug.

Blansko ist eine sehr freundliche Stadt, allerdings erschöpfen sich die Sehenswürdigkeiten bereits mit dem Mährischen Karst. Es ist herbstlich kühl aber sonnig.

Abstieg ins Tal der Punkva

Blansko

Die Anfahrt ohne Auto ist unbequem und eine echte Schwachstelle der Verkehrsplanung. Die Haltestelle bei den Höhlen ist Skalní Mlýn, und dorthin fährt zweimal pro Tag ein Bus aus der Stadt hin und wieder zurück. Zwischen den beiden Bussen hätte ich acht Stunden Zeit vor Ort. Meine Tour beginnt um 10:40 Uhr, drei Stunden nach dem Morgenbus.

Also entschließe ich mich, mit einer anderen Linie oben das Tal entlang nach Těchov zu fahren und dann einen der Wege hinab zu steigen. Am nächsten Morgen gehe ich zum Busbahnhof. Hier ist alles perfekt auf Displays ausgeschildert, der Fahrer nimmt 10 Kronen für die Fahrt.

Punkva-Höhle

Die Wege den Hang hinab und – mangels einer passenden Busverbindung – später wieder hinauf entpuppen sich als sehr lohnend. Sie sind hervorragend markiert und ich habe zudem auf dem Handy eine Karte, auf der sie verzeichnet sind. Zu der Zeit sind viele Blätter noch leuchtend gelb.

Womit ich nicht gerechnet habe, das sind die Windböen. Offenbar hat hier vor kurzer Zeit bereits ein Sturm gewütet, denn die Bäume liegen kreuz und quer. Bei den großen Stämmen habe ich die Wahl zwischen drübersteigen oder untendurch kriechen, aber ein nennenswertes Problem bildet nur die Krone eines großen Nadelbaums, um die ich herumklettern muss.

Zwischendurch lässt der Wind nach, aber nachmittags nimmt er wieder zu. Unter den knarrenden, pochenden und quietschenden Bäumen zu gehen, deren Wipfel wild durcheinander wogen, ist nicht immer ein beruhigendes Gefühl. Je nach Wetter ist dieser Weg also nicht zu empfehlen. Das schließt natürlich auch Schneeglätte mit ein. Normalerweise sollte dieses Problem jedoch keine Rolle spielen.

Die Punkva-Höhle von innen

Punkva-Höhle

Punkva-Höhle
Überall sind die Hänge durchlöchert.

Die Punkva-Höhle ist natürlich nur in begleiteten Gruppen zu sehen.1 Die Erklärungen sind auf Tschechisch, es gibt aber Faltblätter in anderen Sprachen. In rund einer Stunde sind wir an verschiedenen Gesteinsformationen vorüber gegangen, Treppen hinauf, durch lange Gänge, bis wir dann ein Stück über dem Grund der Macocha ins Freie treten.

Der Anblick dort unter dem riesigen „Vordach“ ist durchaus beeindruckend. Nach unserer Ankunft wird eine Weile aus Lautsprechern Musik gespielt, vielleicht um das Bewusstsein für die Dramatik des Augenblicks zu schärfen. Dann können wir die Atmosphäre auf uns wirken lassen und die Besucher rennen durcheinander, um Selfies zu schießen.

Schließlich setzen wir unseren Weg an einer anderen Treppe fort und steigen zu einem unterirdischen Bootsanleger hinab, wo sich unsere Gruppe auf zwei breite motorisierte Kähne verteilt. Die schnelle Fahrt durch die dunklen wassergefüllten Gänge ist ein eigenes Erlebnis, da sich die am Rand sitzenden Besucher manchmal ganz auf die Seite legen müssen, um nicht mit einem überhängenden Felsen zu kollidieren.

Die Macocha-Schlucht (Mazocha) von oben

Ein paar Minuten hinter der Höhle befindet sich die Talstation einer Seilbahn, mit der man hinauf zur Macocha fahren kann. Ich gehe statt dessen zu Fuß. Es braucht seine Zeit, aber es ist gut zu schaffen. Viele Familien mit kleinen Kindern sind hier ebenfalls unterwegs.

Der Legende nach soll eine böse Frau versucht haben, ihren ungeliebten Stiefsohn loszuwerden, indem sie das Kind in die Schlucht gestoßen hat. Der Junge hatte jedoch überlebt und wurde gerettet, woraufhin die Stiefmutter hinab geworfen wurde.

An diesem Tag jedoch bleibt es am Abgrund sehr ruhig und weder Stiefsöhne noch -mütter werden in der Luft gesichtet. Ich erinnere mich an eine Informationstafel, die hier vor 20 Jahren zu finden war und der zufolge die Stiefmutter auf dem „Abfall“ hinab gerutscht sei.

Blansko
Oben zurück im Dorf: Die sieben (oder weniger) Geißlein begrüßen mich neugierig.

Bei der oberen „Brücke“ (d.h. Plattform) der Macocha gibt es ein Restaurant und Imbissbuden. Dort befindet sich auch ein Parkplatz und ein Stück weiter eine Bushaltestelle. Für mich ist es jedoch am einfachsten (wenn auch nicht einfach), wieder hinab ins Tal zu gehen und auf der gegenüberliegenden Seite nach Nové Dvory hinaufzusteigen, wo die Busse stündlich fahren.

Erreichbarkeit

Mit dem Auto hat man die Möglichkeit, entweder unten den Bach entlang zur Skalní Mlýn zu fahren und dort zu parken oder oben bei der Macocha das Auto abzustellen.

Blansko
Dank der Monitore im Bus verpasst man keine Haltestelle. Bezahlt wird beim Fahrer.

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln sieht es wesentlich schlechter aus. Zunächst geht es nach Blansko, etwa mit der Bahn. Skalní Mlýn hat eine Bushaltestelle, die aber nur zweimal pro Tag angefahren wird. Am besten ist die Verbindung zu den Dörfern nördlich des Tals, etwa nach Těchov oder Nové Dvory, wo der Bus etwa stündlich fährt. Der Weg hinab und hinauf ist sehr gut zu finden und mit festem Schuhwerk gut zu machen, allerdings muss eben die Steigung einkalkuliert werden.

Es empfiehlt sich, die Busverbindungen noch vor dem Abstieg herauszusuchen. Das kann man etwa hier machen.2 Die zentrale Haltestelle in Blansko nahe des Bahnhofs heißt „aut. st.“. Achtung, im Tal ist kein Netzempfang möglich und daher kein Internet verfügbar.

Ich empfehle auch eine App aufs Handy zu laden, die die Wanderwege mit ihren Farbcodes anzeigt, so etwa die von Mapy.cz. Hier solltest du auf jeden Fall im voraus die Karte von Südmähren installieren, da es unterwegs zumeist kein Internet gibt.

Ganz in der Nähe befindet sich übrigens die Katharinenhöhle, die sicher auch einen Besuch wert ist, falls noch Zeit bleibt.

Öffnungszeiten und Eintrittspreise

Bitte auf den Seiten der Verwaltung nachsehen.

Unterkünfte

Ich habe gute Erfahrung mit der Pension Golem gemacht. Sie liegt eine Minute vom Busbahnhof entfernt, ist sehr sauber, die Angestellten sind sehr freundlich und das Frühstück reichlich. In dem Restaurant nebenan lässt sich auch hervorragend gut-bürgerlich essen.

Gastronomie

Blansko ist sehr klein, hat aber im Zentrum ein paar Konditoreien, Cafés und Gasthöfe zu bieten. Im Café Coco Coffee gibt es hervorragenden Kaffee und Kuchen. Bei Julie sah es auch gut aus, allerdings habe ich nur von draußen hineingesehen. Essen lässt sich im Golem sehr gut, siehe oben.

Einband des Tschechien-Buches

Dieses Thema findet auch Erwähnung in meinem Buch „111 Gründe, Tschechien zu lieben“.

Erhältlich ist es im Buchhandel.

Leseprobe

Zeige 2 Fußnoten
  1. Für Fotos braucht man eine eigene Karte. Ich wurde glücklicherweise für diesen Blog-Beitrag eingeladen.
  2. Auf der Seite lässt sich die Sprache umschalten.

Christoph Amthor

Erster länger Aufenthalt in Tschechien im Jahr 1997. Seit 2003 wohnhaft zumeist in Prag, mit Abstecher in die Slowakei. Ehemals Journalist und Mitbegründer einer gemeinnützigen Organisation, heute Blogger und Software-Entwickler.

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111 Gründe, Tschechien zu lieben ❤️

Einband des Tschechien-Buches

 

Von einer atemberaubenden Landschaft, über Bier und Knödel bis hin zu Kafka, dem Golem und einem Geist, der eine wissenschaftliche Karriere gemacht hat. Vom Fliegenden Ferdinand  und Pan Tau bis zur Lässigkeit, mit der dort ein Fabrikschornstein gefällt wird.

 

Über dieses Land, das einfach liebenswert, aber oft auch geheimnisvoll und extrem verrückt ist, gibt es wirklich genug zu erzählen. Und natürlich kann man darüber nur mit einer guten Portion böhmischen Humors schreiben.