Gedanken über einen rätselhaften Zeppelin
Der Anblick ist beeindruckend: Ein Zeppelin scheint auf dem Dach der Galerie gestrandet zu sein. Ein wenig schräg hat er sich auf den quaderförmigen Klötzen des ehemaligen Fabrikgebäudes niedergelassen.
Obwohl die Form an ein Luftschiff angelehnt ist, wirkt das Gebilde trotzdem nicht wie ein technisches Fluggerät, sondern eher wie ein organischer Körper, wie eine längliche Kapsel, die sich von einem gigantischen Baum losgerissen hat und die der Wind zufällig auf dieses Dach getragen hat.
Dieser Eindruck bleibt beherrschend: Das mysteriöse Ding widersetzt sich beständig jeder Einordnung in das Bekannte und Verständliche.
Wenn ich im Innenhof nach oben blicke, wirkte der Zeppelin noch groß und massiv, aber nun, auf der Dachterrasse näher kommend, erkenne ich die filigranen Strukturen. Die gewölbten Wände bestehen aus einem dichten hölzernen Gerippe. Überraschenderweise ruft es im schrägen Licht der Sonne jedoch die Illusion einer metallisch schimmernden Oberfläche hervor. Optisch gehen hier Holz und Metall ineinander über.
Ganz extrem ist der Übergang zu spüren, als ich in das Innern eintrete: Die mit Drahtseilen verspannten Wände wirken nun fast schon zerbrechlich und der ganze Körper erstaunlich leichtgewichtig. Erst hier kommt mir der Gedanke, dass bereits ein sanfter Luftstoß die Hülle aufnehmen und ein paar hundert Meter weiter tragen könnte.
Obwohl der Boden eben und fest ist und selbst unter den Schritten kein bisschen schwingt, fehlen hier in diesem länglichen Raum fast völlig geometrische Orientierungshilfen. Alles wirkt verdreht, gedehnt, verzogen. Der Eindruck des Organischen und Gewachsenen ist vorherrschend. Dennoch ist der Körper funktional und einfach, ohne Auswüchse und Verzierungen.1
Das Luftschiff „Gulliver“ hat erst kürzlich den roten Schädel ersetzt, der um den Turm der Galerie DOX rotierte und fast schon zu deren Wahrzeichen geworden war. Gestern Abend konnte er als Teil des Events „Máme otevřeno 2017“2 kostenlos3 besucht werden. Gulliver wurde vom Architekten Martin Rajniš entworfen, ist 42 Meter lang und 10 Meter breit. Die Form soll ein wenig die Euphorie der Zeit der Zeppeline wachrufen, als sich Menschen in die Lüfte erhoben und gemächlich in ferne Kontinente entschwebten. Das Innere kann als Veranstaltungsraum für Vorträge und Vorführungen genutzt werden.
- Gelandet oder gestrandet?
- Eingang in den schrägen Leib
- Leiter hinab in die Gondel. (leider nicht zugänglich)
- Freisitze des Cafés. Der „Läufer“ in der Wand wirkt wirklich komisch, wenn die Beine in Bewegung sind.